Gewohnheiten und wo diese zu finden sind
Was sind Gewohnheiten
Und vor allem, wo entstehen Gewohnheiten in Deinem Gehirn???
Wie würdest Du einen typischen Tag von Dir beschreiben? Zum Beispiel einen Arbeitstag oder auch ein typisches Wochenende?
Vom Klingeln des Weckers, natürlich in der Woche, wer stellt sich schon einen Wecker am Wochenende 😏, bis zum Licht ausknipsen im Bett und dem Einschlafen.
Und die nächste Frage ist, was tust Du jeden Tag immer wieder gleich, ohne darüber nachdenken zu müssen oder es steuern zu können?
Viele Handlungen sind im Alltag automatisiert - ca. 60% von dem was wir tun, machen wir nicht wirklich bewusst, wir sind mehr im Autopilot-Modus. Wir haben unsere Routinen. Das fängt bereits beim Klingeln des Weckers an. Drücke ich die Snooze-Taste oder stehe ich sofort auf. Was mache ich als nächstes? Gehe ich ins Badezimmer, wasche mich und putze mir die Zähne oder gehe ich in die Küche und mache mir einen Kaffee?
All das sind Handlungen, die wir meistens ohne viel Aufwand und vor allem ohne eine wirkliche Entscheidung dafür ausführen. Das führt auch dazu, dass wir über diese gewohnten Handlungen nicht mehr nachdenken oder ihre Vor- und Nachteile hinterfragen.
Und genau das sind die kleinen und großen Gewohnheiten in unserem Leben.
Gewohnheiten sind also automatisierte Programme, die durch mehrmalige Wiederholung dieser Handlungen zu Routinen werden.
Für alles, was wir tun und machen und was wir fast jeden Tag oder in bestimmten Situationen tun und machen, sind unsere Gewohnheiten verantwortlich.
Und deswegen bestimmen diese unseren Alltag und vor allem unser Leben!
Der Ablauf einer Gewohnheit ist fast immer derselbe:
- Auslöser oder Reiz
- gewohnte Handlung oder ein Verhalten - Routine
- Belohnung
Es ist eine Schleife, die Verhaltensschleife oder Gewohnheitsschleife, die immer wieder durchlaufen wird, sobald der Reiz oder Auslöser aktiviert wird. Je öfter das passiert, desto schneller wird es im Gehirn verfestigt.
Und das hat einen entscheidenden Vorteil für das Gehirn. Denn Gewohnheiten entlasten das Gehirn und helfen die mentale Energie zu reduzieren.
Am besten lässt sich das am Beispiel Autofahren erklären. Die ersten Fahrstunden an die ich mich erinnere, waren unglaublich anstrengend. Die neuen Handlungen, die nacheinander durchgeführt werden müssen. Einsteigen und Anschnallen, klingt einfach und doch habe ich sehr oft das Anschnallen vor lauter Aufregung zu beginn oft vergessen. Das Anfahren, war für mich die größte Herausforderung. Keine Ahnung wie lange es gedauert hat, bis daraus ein flüssiger Ablauf wurde, der auch das Auto ohne Stocken und Abwürgen fließend in Bewegung gesetzt hat. Oft war mein Gehirn mit all dem Neuen und den vielen Informationen, die es in den unterschiedlichsten Situation verarbeiten musste, überfordert.
Und heute, eine Handlung, in der wir meistens gar nicht wissen oder es bewusst wahrnehmen. Von Anspannung oder gar Anstrengung keine Spur. Nebenbei machen wir jetzt sogar noch mehr, Radio hören, Kaffee trinken, das Smartphone checken oder Nachrichten schreiben. Das Autofahren ist uns in Fleisch und Blut übergegangen.
Verantwortlich für diesen energiesparenden Automatismus sind die Basalganglien in unserem Gehirn.
Basalganlien (violet) Quelle: Wikipedia
Die Basalganglien sind Bestandteil des motorischen Handelns und haben unter anderem folgende Funktionen
- Selektion, Verarbeitung und Kontrolle von motorischen und nichtmotorischen Handlungsmustern
- Initiation und Modulation von Richtung, Ausmaß, Kraft und Geschwindigkeit von Bewegungsmustern
- Hemmung unerwünschter Bewegungsmustern
Das war's auch schon mit der Anatomie und Funktionsweise des Gehirns - wir wollen ja nicht übertreiben 😉
Segen - Wofür sind Gewohnheiten noch gut?
Lass uns einmal schauen, welche Vorteile wir noch durch die Gewohnheiten haben.
Neben dem Einsparren von Energie im Gehirn, entlasten Gewohnheiten unsere Mentale Anstrengung in Bezug auf Entscheidungsfindung. Ist eine Gewohnheit fest verankert, egal ob günstig für uns oder eher nicht!, brauchen wir uns in dem Moment nicht mehr zu entscheiden, ob wir die Handlung aufführen wollen oder nicht. Die sogenannte Willenskraft ist deutlich geringer und es erfordert viel weniger Disziplin. Dank der Gewohnheiten kannst Du Deinen Fokus und Deine Konzentration auf andere wichtige Themen lenken und auch bei stressigen Situationen darauf vertrauen, dass Du richtig handelst.
Ein weiterer Nutzen von Gewohnheiten ist der, dass diese uns im Alltag eine Struktur geben. Wie oben beschrieben fängt es direkt beim aufwachen an und unterbewusst vielleicht noch früher. Wenn unser routinierter morgendlicher Ablauf, vor allem in der Woche, etwas anders abläuft, merken wir das sofort und nicht selten bringt es unseren gesamt Tagesablauf durcheinander.
Und zum Schluss, geben uns Gewohnheiten auch ein Gefühl von Bedürfnisbefriedigung, was während der Handlung zu einem Lustgewinn führt - Ich hab mir etwas "Gutes" gegönnt oder ich habe Selbstdisziplin.
Fluch - Was sind die Schattenseiten unserer Gewohnheiten?
Auch wenn Gewohnheiten uns in erster Linie helfen und uns durch den Tag lenken, gibt es auch Gewohnheiten, die uns mehr hindern und sogar schaden.
Ungünstige Gewohnheiten sind besonders hartnäckig und lassen sich oft nur schwer oder gefühlt gar nicht ändern. Wir alle haben solche Gewohnheiten. Ob der Snack (Latte Macchiato) auf dem Weg zur Arbeit, die Serie auf dem Sofa (meistens mit etwas Knabberzeug), bis zum Feierabendbier oder -Wein.
Diese Gewohnheiten wirken sich meistens ungünstig auf unsere Fitness und Gesundheit aus. Nicht selten auch auf unsere Produktivität.
Die Auswirkung dieser Gewohnheiten merken wir am stärksten, wenn wir uns große Ziele gesetzt haben. So etwa bei den Vorsätzen, die wir am Anfang jedes neuen Jahres setzen - passend zur aktuellen Situation 😉
Nächstes Jahr will ich mehr Sport machen, mich gesünder Ernähren, mich mehr anstrengen, um möglichst viele Aufgaben erledigen zu können, etc.
Wie in meinem ersten Blogbeitrag bzgl. Fitness beschrieben, melden sich viele sofort zum Jahresanfang in einem Fitnessstudio an. Nicht selten laufen diese Vorsätze ins Leere, weil uns unsere Gewohnheiten daran hindern.
Auch eine eher ungünstige Struktur, die durch die Gewohnheiten entstanden ist, lässt sich sehr schwer verändern. Das Drücken der Snooze-Taste auf dem Wecker und der Griff nach dem Smartphone, sobald der Wecker ausgeschaltet wird, ist ein schönes Beispiel dafür.
Auch wenn uns so vorkommt, dass wir mehr ungünstige oder ineffiziente Gewohnheiten haben, so liegt es daran, weil uns diese bzgl. unserer nicht erreichten Ziele stärker auffallen und dadurch nicht selten ein schlechtes Gewissen und Frust erzeugen.
Die Gewohnheiten ist so mächtig, dass die uns selsbt aus dem Bösen ein Bedürfnis macht.
(Théodore Simon Jouffroy)
Gewohnheits-Scorecard
Was kannst Du nun tun, um mehr Klarheit zu bekommen, welche Gewohnheiten günstig oder ungünstig für Dich sind.
James Clear empfiehlt in seinem Buch Die 1%-Methode - Minimale Veränderung, maximale Wirkung sich eine Gewohnheits-Scorecard zu erstellen. Dazu werden alle Gewohnheiten, angefangen beim Aufstehen am Morgen bis zum zu Bettgehen in eine Liste aufgeschrieben. Anschließend werden alle Gewohnheiten und Routinen die günstig in Deinen Augen für Dich sind mit einem '+'-Zeichen markiert. Gewohnheiten, wo Du sagst, dass diese eher ungünstig oder nicht effektiv für Dich sind bekommen ein '-'-Zeichen. Gewohnheiten, die weder günstig noch ungünstig sind kriegen ein '='-Zeichen. Das könnte dann wie folgt aussehen:
- aufwachen =
- Wecker ausschalten =
- aufs Telefon schauen -
- ins Badezimmer gehen =
- auf die Waage steigen +
- duschen +
- Zähne putzen +
- Zahnseide benutzen +
- Deo verwenden +
- Handtuch zum Trocknen aufhängen =
- anziehen =
- Tee kochen +
Am besten Du beobachtest das mindestens eine am besten zwei Wochen. So hast Du auch das Wochenende, an dem wir oft ganz andere Gewohnheiten und Routinen nachgehen, ebenfalls auf der Liste.
Wichtig ist, dass es Deine persönliche Bewertung ist! Nur Du kannst für Dich wissen, ob eine Gewohnheit für Dich und Deine Ziele dienlich ist oder nicht. Vermeide bei der Bewertung in gute oder schlechte Gewohnheiten zu kategorisieren. Nutze am besten günstige oder effektive bzw. ungünstige oder nicht effektive Gewohnheiten für mich und meine Ziele.
Das ist der erste und in meinen Augen der wichtigste Schritt, den Du zu Beginn machen solltest. Vermeide es, sofort in Aktion zu verfallen und anzufangen, die ungünstigen Gewohnheiten sofort zu ändern. Schau Dir die Liste einige Wochen regelmäßig an und prüfe, ob sich nicht schon dadurch etwas verändert hat.
Schon die Bewusstheit, wie Dein Tagesablauf mit Deinen Gewohnheiten wirklich aussieht, kann eine Veränderung bewirken.
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