Der frühe Vogel…
Wie ich gelernt habe, als Nachteule um 5 Uhr aufzustehen und wieso ich das für das beste halte, was ich gemacht habe.
“Es ist gut, vor Tagesanbruch wach zu sein, da derlei Gewohnheiten zu Gesundheit, Reichtum und Weisheit beitragen.” — Aristoteles
Ich habe keine Zeit! Ich weiß nicht, wann ich das machen soll!
Das sind Aussagen, die ich oft zu hören bekomme und die ich früher auch immer wieder geglaubt habe. In den meisten Fällen würde ich sagen, dass das nicht wirklich der Realität entspricht. Warum?
Vor ca. 5 Jahren habe ich mich entschieden ein Experiment zu wagen, welches mir auf den ersten Blick ziemlich unrealistisch für mich schien. Jeden Morgen um 5:00 Uhr aufstehen. 30 Tage lang und ohne Ausnahmen - auch an den Wochenenden.
Wieso kam mir das zu Beginn eher unrealistisch vor? Nun ja, ich gehörte bis dahin zu den Menschentypen, die man Eulen nennt. Lange aufbleiben und Morgens lange schlafen, so dass ich nicht selten erst gegen Mittag richtig wach war, um mich zu konzentrieren. Mein Tagesablauf war so ausgelegt, dass ich viele meiner persönlichen Aufgaben eher auf den Nachmittag bzw. späten Nachmittag oder auf den Abend gelegt habe. Mit persönlichen Aufgaben meine ich meine Zeit, nur für mich. Ob Fitness / Sport, das Lesen von Büchern oder auch das einfache Entspannen mit Nichtstun gehören für mich dazu.
So war das üblich, dass ich erst ab 23:00 Uhr und viel später in Bett ging. Mein Training verlegte ich auf den späten Nachmittag, weil ich das gut mit meinem Familienleben arrangieren konnte.
Als mein Sohn geboren wurde und ich nach dem Studium eine Arbeitsstelle mit sehr langem Arbeitsweg (insgesamt 4 Stunden) hatte, wurde es immer schwieriger alles auf die Nachmittagszeit und die Abendstunden zu verlegen. Ich fühlte mich Abends zunehmend ausgepowert und hatte keine Energie. Das Training wurde immer quälender und die Ausführung der Übungen unkonzentrierter und unsauberer. Die letzten Stunden am Tag verbrachte ich dann sehr oft entweder vor der Glotze oder am PC mit Internet surfen, was eine reine Ablenkungsstrategie war.
Irgendwann sah ich einen Artikel auf unserem Schreibtisch, den meine Frau eigentlich für sich ausgedruckt hatte. Die Überschrift lautete "Wie jeder es schaffen kann, um 5:00 Uhr aufzustehen". Ich weiß nicht wieso, aber in dem Moment war ich so neugierig, dass ich ihn sofort gelesen habe und wusste, dass will ich auch. Es wurden darin die Vorteile beschrieben, die man hat, wenn man um 5:00 Uhr aufsteht. Zum Beispiel, dass man viel mehr am Tag schaffen kann und die Zeit besser für sich nutzen kann. Ganz genau weiß ich nicht, was mich so fasziniert hat. Vielleicht die verzweifelte Situation, und hier war eine Möglichkeit, was ich anders machen könnte.
Ich las mir den Artikel mehrmals durch und entschied mich es für die nächsten 30 Tage sofort auszuprobieren. Was hatte ich schon zu verlieren - dachte ich… es hörte sich recht einfach an:
Wecker auf 5:00 stellen
- Früher ins Bett bzw. schlafen gehen - der Unterschied war mir damals noch nicht wirklich bewusst
Wenn der Wecker morgens klingelt, sich sofort aufrichten oder gleich aufstehen
WICHTIG: keine Snooze-Taste drücken und nicht nachdenken!
- Nach dem Aufstehen als erstes 500 ml Wasser trinken
- Den Tag beginnen 😃
Hört sich machbar an, dachte ich. Früher schlafen gehen - kein Problem. Aufstehen ohne nachdenken… kriege ich um die Uhrzeit mit Sicherheit hin.
Und tatsächlich, gleich am nächsten Morgen weckte mich der Wecker punkt 5:00 Uhr. Ich sprang sofort aus dem Bett und war überrascht, dass ich das ohne Schwierigkeiten geschafft habe. Nach dem Trinken saß ich nun im Wohnzimmer und überlegte, was ich mit der neu gewonnen Zeit nun machen soll. Irgendwie habe ich es vergessen, mir einen Plan mit Aufgaben zu erstellen. So verging die erste Stunde etwas zäh… aber ich war stolz auf mich, und war der festen Überzeugung, dass ich das nun die nächsten 29 Tage ohne Probleme zurziehen würden.
Von wegen.
Schon am Abend und dem frühen Schlafengehen stellte ich fest, dass das nicht von heute auf morgen funktioniert. In den nächsten Tagen lag ich im Bett und vom Einschlafen war nicht die Rede. Auch wenn ich müde und erschöpft war, konnte ich kurz nach 21:00 im Bett liegen und die Müdigkeit schien verschwunden zu sein. Ich brauchte damals generell länger, bis ich einschlafen konnte. Und so wälzte ich mich hin und her und zählte Schäfchen bis ich eingeschlafen bin. Meistens nicht vor 22:00 Uhr.
Und plötzlich klingelt der Wecker. Gefühlt hätte ich gesagt, dass ich gerade erst eingeschlafen bin. Egal. Sofort aufrichten und bloß nicht die Snooze-Taste drücken. Ich war überrascht, wie viele Gedanken mir so früh plötzlich durch den Kopf gingen:
- "Was soll der Scheiß?"
- "Das ist doch viel zu früh!"
- "Die Decke ist so warm."
- "Nur noch fünf Minuten liegen bleiben, dann stehe ich auf - versprochen…"
- "Das funktioniert bei mir doch sowieso nicht."
Und so weiter. Und das alles in den ersten zwei Minuten nach dem der Wecker geklingelt hat.
Gut dass ich bei meinen Experimenten sehr konsequent bin. Keine Ausreden und keine Ausnahmen. Zumindest nicht in den 30 Tagen 😁 Also aufrichten und weitermachen.
Mein nun entwickelter Plan für die erste Stunde am Morgen sah wie folgt aus:
- 500 ml Wasser trinken
- 30 Minuten Meditieren
- 30 Minuten lesen
Das mag auf den ersten Blick etwas komisch wirken, dass ich gleich nach dem Aufstehen mit dem Meditieren beginne. Ich stellte fest, dass ich danach wacher war und zumindest mich geistig sehr gut auf das Lesen einstellen konnte. Gelesen habe ich entweder Bücher oder Blog-Artikel, die ich mir vorher ausgedruckt hatte, weil ich vermeiden wollte, mein Handy, Tablet oder PC benutzen zu müssen.
Ich muss zugeben, dass es an manchen Tagen eine richtige Quall war, sofort aufstehen zu müssen. Ich fühlte mich oft ziemlich ausgelaugt, kraft- bzw. energielos und träge. Die letzte Woche der 30-Tage-Challenge war etwas besser aber gefühlt, wusste ich nicht, ob es das Richtige für ist. Ich dachte, es liegt in meinen Genen oder meiner inneren Uhr, die dafür einfach nicht geeignet ist.
Am 29 Tag geschah etwas , womit ich nicht gerechnet habe. Kurz vor 5:00 Uhr, der Wecker hat noch nicht geklingelt, wachte ich auf und spürte eine Energie, die ich morgens und schon gar nicht zu dieser Zeit gefühlt hatte. Ich war hochmotiviert, klar im Kopf und bereit das Beste aus dem Tag zu machen. Der Morgen fühlte sich leicht an und alles was ich machte, gab mir zusätzlich Energie. Ich war fokussiert und konzentriert bei allem was ich gemacht habe und hatte Spaß und Freude daran.
Das wiederholte sich dann mehrere Wochen. Ich war begeistert! Das hätte ich nicht gedacht und schon gar nicht für möglich gehalten.
Das wirkte sich extrem auf meine Arbeit aus. Ich war jeden Morgen, wenn ich zur Arbeit ging motiviert, egal was auf mich wartete. Ich hatte eine positivere Einstellung und war sehr gut drauf. Das fiel mir besonders dann auf, wenn es wieder mal Montag war. Mir ist das selber nicht sofort bewusst geworden, erst als die Kollegen meinten, dass das nicht normal ist, wie ich mich auf den Montag freute und wie gut gelaunt ich gleich am Morgen war. Und es war und ist immer noch so. Ich freue mich auf den Montag, weil ich die ganze Woche vor mir habe! Eine ganze Woche, um etwas zu schaffen, neues zu lernen, Erfahrungen zu sammeln und mich weiterzuentwickeln. Es ist großartig!
Das mache ich nun seit fünf Jahren und ich bleibe dabei. Warum?
- Weil es die beste Zeit des Tages ist.
- Es ist meine Zeit! Alles schlafen und die Ruhe ist genial (am Anfang jedoch auch etwas beängstigend).
- Es ist der Turbo für den ganzen Tag und ich freue mich jeden Abend auf den nächsten Morgen.
Klar gibt es Tage, wo ich länger im Bett bleibe, weil ich am Abend vorher erst um 2 oder noch später ins Bett gegangen bin. Es sind Ausnahmen und sehr selten. Wenn ich länger als 7 Uhr schlafe, merke ich, dass ich deutlich weniger Energie am Tag habe. Ich habe das Gefühl, den halben Tag verschlafen zu haben. Wahrscheinlich, weil mir meine Zeit am Morgen so wichtig ist. Ich experimentiere immer noch und lerne so mehr und mehr über mich.
Was hat mir persönlich geholfen dran zu bleiben und weiterzumachen?
Nun ja, in erster Linie, wäre es sinnvoll sich ein paar Fragen zu stellen. Diese schaffen mehr Klarheit und helfen dir auch zwischendurch, gerade wenn es schwierig wird oder du kurz vorm Aufgeben bist.
- WOZU will ich das überhaupt?
Ja, ich weiß, das ist das erste was einem erzählt wird... Ist doch klar, denn hier steckt deine ganze Motivation und Energie. Das WOZU sollte dich immer wieder motivieren dranzubleiben. - Was ist der Mehrwert, den ich mir dadurch erhoffe?
Das sind die Vorteile und all das, was sich dadurch zum positiven für dich verändern wird, wenn du es umgesetzt hast.
Auf jeden Fall die 30-Tage konsequent durch zu ziehen, ohne Ausnahmen und Ausreden. Die sind bei allen Vorhaben mit Gewohnheitsänderung das wichtigste. Versucht möglichst wenig zu denken und macht es einfach! Kein Grübeln und kein Zögern. Einfach und sofort machen.
Der Wecker klingelt, sofort aufrichten und in Bewegung kommen.
Was sehr hilfreich ist, ist wenn du dir vorher überlegt hast, was du in der zusätzlichen Zeit am Morgen alles machen willst. Es ist schwieriger, wenn man dann wie ein Zombie am Morgen durch das Haus geht und mit der neuen Zeit nichts anzufangen weiß. Mach dir eine List mit Aufgaben. Das kann alles Mögliche sein:
- Lesen
- Tagebuch führen
- Hörbücher hören
- Meditieren
- Kurze Sporteinheiten, Joggen, etc.
- Im Haus aufräumen (klingt komisch aber probiert es einfach mal aus 😉)
- Macht euch Gedanken über euer Leben und eure Ziele (dafür nimmt man sich viel zu wenig oder gar keine Zeit)
- …
Überleg einfach, bei welchen Aufgaben und wann du den Satz "Dafür habe ich keine Zeit" sagst. Jetzt hast du die Zeit dafür!
Im Internet finden sich zahlreiche weitere Erfahrungsberichte, Tipps und Tricks. Mir persönlich hat zu der Zeit und vor allem danach als Inspiration das Buch von Hal Elrod "Miracle Morning" sehr geholfen.